Forum unterstützt Petition zur Abschaffung von Exen

Die Debatte um eine moderne Prüfungskultur an den Schulen ist keineswegs neu. Durch eine Petition, die die Abschaffung von unangekündigten Leistungsnachweisen zum Ziel hat, bringt jedoch neue Bewegung in die Diskussion, wie an den Schulen Wissen vermittelt und letztlich geprüft werden soll. Die Petition wurde von der Schülerin Amelie Nitsch eingebracht, die sich über die Mitgliedsorganisation Eine Schule für alle auch im Forum Bildungspolitik engagiert.

„Es ist an der Zeit, dass wir über ein neues Leistungsverständnis in unseren Schulen sprechen“, sagt die Vorsitzende des Forum Bildungspolitik, Simone Fleischmann. Es gehe darum, jungen Menschen neben dem reinen Fachwissen auch emotionale und soziale Kompetenzen zu vermitteln. „Diese lassen sich nicht durch Exen abfragen“, so die Vorsitzende.

Dem Forum Bildungspolitik ist es seit langem ein Anliegen, sich für ein neues und zeitgemäßes Leistungsverständnis einzusetzen. Zuletzt hat das Forum hierfür ein Positionspapier verfasst, welches sich mit der Frage beschäftigt, wie eine moderne Leistungs- und Prüfungskultur an der Schule aussehen kann und welche pädagogischen Aspekte hierbei zu berücksichtigen sind. Deshalb unterstützt das Forum die Petition als erstunterzeichnende Organisation die Petition.

Besonders erfreulich ist es, dass die Petition auch medial sehr großes Aufsehen erzeugt hat. Unter anderem berichtete der Bayerische Rundfunk in verschiedenen Formaten du auch der Münchner Merkur über die Petition. Aber auch große Verbände und Organisationen aus dem Bildungsbereich, die teilweise auch im Forum vertreten sind, haben die Petition unterstützt (Bildungswende Jetzt! Bayern, BLLV, GEW Bayern). Dies zeigt das große Interesse an dem Thema der Leistungs- und Prüfungskultur an der Schule.

Nun gilt es, dieses Interesse auch politisch wirksam zu machen. Das Forum Bildungspolitik setzt sich deshalb weiter für beste Lehr- und Lernbedingungen an den Schulen und auch im außerschulischen Kontext ein.

Die Petition hat inzwischen 9.600 vom Ziel der 10.000 Unterschriften erreicht und kann weiterhin von Organisationen und Privatpersonen unterzeichnet werden.

Alle Teilnehmer*innen des Runden Tisches Ganztag
Alle Teilnehmer*innen des Runden Tisches Ganztag

Runder Tisch Ganztag: Engagierte Diskussionen über eine qualitätsvolle Ganztagsbildung

München – Am 26. Februar 2024 fand in München der „Runde Tisch Ganztag“ statt. Die Teilnehmer*innen tauschten sich über die aktuellen Herausforderungen hinsichtlich des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung ab 2026 für Kinder im Grundschulalter aus. Darüber hinaus ging es auch um die Konsequenzen des Rechtsanspruches auf bereits etablierte Angebote der Ganztagsbildung. Insgesamt folgten 19 im Ganztag engagierte Organisationen der Einladung des Forum Bildungspolitik in Bayern.

Die anwesenden Organisationen setzten sich zusammen aus sozialen Trägern, Lehrer*innenverbänden, kommunale Spitzenverbänden, Schüler*innen und Vertreter*innen der Wirtschaft. Der Druck auf das System sei aktuell durch den Rechtsanspruch groß, deswegen habe man zum Runden Tisch eingeladen, so Simone Fleischmann, Vorsitzende des Forum Bildungspolitik. Fleischmann betonte in ihrer Begrüßung die Bedeutung von Kooperation im Ganztag und unterstrich, dass dies auch eine Chance sei: Das gesamte Bildungssystem könne „durch den Ganztag lernen besser zusammenzuarbeiten“.

Der Moderator des Runden Tisches, Dr. Volker Titel, Fachlicher Leiter der Akademie für Ganztagspädagogik, ergänzte: „Wir wollen mit diesem Runden Tisch ein Forum bieten, um den gemeinsamen Ansinnen Nachdruck zu verleihen“. Denn obwohl der Rechtsanspruch durch die Anwesenden begrüßt wurde, äußerten viele die Sorge, dass dieser mit einem möglichen Rückschritt in der Qualität einhergehen könne. Politisch habe „aktuell das flächendeckende Angebot Vorrang, nicht die Qualität“, kritisierte Matthias Fack, Mitglied des Vorstands des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses. Dies sei fatal für die Qualitätsentwicklung des Ganztags in Bayern.

Die Schüler*innen gehören in den Mittelpunkt

Einigkeit herrschte darin, dass die Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt des politischen Engagements stehen sollten. „Jedes Kind hat einen Anspruch darauf, seine Stärken zu entwickeln“, sagte Bert Schmid, Bundesvorsitzender der Aktion Humane Schule. Dazu könne auch die bestehende Vielfalt der Angebote im Ganztag genutzt werden, ergänzte Viktoria Renken vom Netzwerk Ganztagsbildung.

Insgesamt wurden fünf große Themenfelder identifiziert, die aktuell die größten Herausforderungen darstellen: Versorgung mit und Qualifikation des Personals im Ganztag, die Sicherstellung von Ganztagsbildung statt -betreuung, Angebote in den Ferienzeiten, die Nutzung von Kooperationsmöglichkeiten und die Sicherstellung einer auskömmlichen Finanzierung.

Gesammelte Schwerpunkte der teilnehmenden Organisationen
Alle Organisationen gaben bis zu zwei Schwerpunkte in Ihren Eröffnungsstaments an – diese wurden während der Veranstaltung gesammelt

Kritik wurde an den mangelnden Fortschritten seitens der Verwaltung laut. Sozial- und Kultusministerien blockierten sich gegenseitig, so die einhellige Analyse. In diesem Zusammenhang stellte Barbara Klamt, Vorsitzende Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Bayern, fest: „In den großen Punkten geht es nicht weiter.“

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung werfe darüber hinaus entscheidende Fragen für das gesamte bayerische Bildungssystem auf. In diesem Kontext äußerte sich Michael Lindemann, Abteilung Bildung, Arbeitsmarkt, Fachkräftesicherung und Integration der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft: „Häufig nutzen eher gut versorgte Familien die guten Angebote, nicht die, die sie brauchen“. Christian Schroth, Grundsatzreferent des Bayerischen Jugendrings, brachte es auf den Punkt: „Die Umsetzung des Rechtsanspruchs ist dringlich, aber wir dürfen uns durch die Dringlichkeit nicht vom Wichtigen abbringen lassen, nämlich einen guten qualitätsvollen Ganztag für alle Kinder in allen Angebotsformen umzusetzen. Die Fragen, die der Runde Tisch stellt, sind wichtig.“

Die politische Diskussion zum Ganztag weiter kritisch begleiten

Dieses Thema in Zukunft gemeinsam politisch zu begleiten, war das Fazit des Runden Tisches. Die teilnehmenden Organisationen einigten sich auf weitere Austausch-Treffen, um die Diskussionen aktiv fortzusetzen.

Teilnehmer*innen des Runden Tisches in der Diskussion

Zum Abschluss der Veranstaltung machte Volker Titel noch einmal Mut und verwies auf bereits existierende positive Beispiele in Bayern. Es ginge im System manchmal mehr, als man denke. Gerhard Koller, AG-Ganztag des Forum Bildungspolitik, betonte ergänzend die Gestaltungsfreiheit der Schulen, die bereits viel Potenzial biete. Austauschformate, wie der Runde Tisch, dienten auch dazu solche Best-Practice Beispiele bekannter zu machen und Orientierung zu bieten.

Am 13. bis 14. Oktober 2023 fand an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing die jährliche Klausurtagung des Forum Bildungspolitik statt. Die Klausurtagung stand unter der Überschrift „Transformation der Bildung“. Hierzu tauschten sich die Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik in den zwei Tagen intensiv miteinander aus. Zudem waren Margret Rasfeld und die Leiterin der Akademie in Tutzing Frau Prof. Dr. Ursula Münch zu Gast.

Klausurtagung des Forum Bildungspolitik, 13.-14.10.2023.

Transformation des Bildungssystems: Innovationsbedarf und Herausforderungen.

Für einen ersten Input sorgten Lara Cyrani (stellvertretende Vorsitzende des Forum Bildungspolitik) Mitra Sharifi (Vorsitzende AGABY) Ulrich Besirske (Vorstandsmitglied LKB:BY) und Matthias Jobst (DGB Bayern). In ihren Beiträgen waren sich alle einig: Alle Bereiche der Bildung, sei es die Integration, kulturelle Bildung, Mentale Gesundheit und Nachhaltigkeit oder die berufliche und Erwachsenen Bildung, stehen vor vielen gemeinsamen Problemen. Darunter der Lehr- und Fachkräftemangel aber auch fehlende Spielräume in den Schulen, um neue Konzepte zu erproben und einzuführen. Bestehende Spielräume könnten jedoch wenig genutzt werden, da der Lehr- und Fachkräftemangel zu einer höheren Belastung des noch vorhandenen Personals führt. Bemängelt wurde auch, dass sich in weiten Teilen des Bildungssystems, insbesondere an Schulen wenig verändert habe, was dazu führt, dass neuen Herausforderungen weniger gut begegnet werden kann.

Margret Rasfeld – Entfremdung und Mentale Gesundheit

Für Margret Rasfeld stellt die Entfremdung der Schülerinnen und Schüler ein grundlegendes Problem im Bildungssystem dar. Sie betonte, dass Kinder sich oft „fremdbestimmt, dauerbewertet und abgeschnitten vom Leben“ fühlten. Diese Entfremdung führe zu Problemen der mentalen Gesundheit, denen die Schulen nicht immer wirksam begegnen könnten. Rasfeld unterstrich die Notwendigkeit einer Veränderung und forderte, auch die Politik emotional anzusprechen.

Des Weiteren kritisierte sie den starken Fokus auf den reinen Lernstoff im Bildungssystem und die Vernachlässigung anderer wichtiger Bereiche wie soziale Kompetenzen. Sie bemängelte, dass die Corona-Krise die bestehenden Probleme verschärft habe und dass nach der Pandemie oft mehr Wert darauf gelegt werde, versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen, anstatt den Schülerinnen und Schülern die benötigte emotionale Unterstützung zu bieten.

Zudem hob sie hervor, dass digitale Kompetenzen, insbesondere im Umgang mit sozialen Medien, dringend gefördert werden müssten, da diese eine wichtige Rolle für die mentale Gesundheit spielten. Abschließend wies sie darauf hin, dass Schulen solche Kompetenzen zwar vermitteln könnten, jedoch oft nicht entsprechend bewertet oder anerkannt würden.

Analyse von Prof. Dr. Ursula München zu den Landtagswahlen 2023 in Bayern

Frau Prof. Dr. Ursula Münch analysierte die Ladntagswahlen in Bayern. Sie stellte fest, dass Bildung im Wahlkampf kaum thematisiert wurde. Auch Landesthemen spielten eine geringe inhaltliche Rolle, wurden jedoch oft als Begründung für Wahlentscheidungen genannt. Insbesondere das Thema Migration wurde lange Zeit vermieden, aus Sorge vor einer Stärkung der AfD. Die plötzliche Aufnahme dieses Themas kurz vor der Wahl könnte jedoch zu einem besseren Ergebnis für die AfD geführt haben. Die Stärkung konservativer und rechter Parteien erklärt sie mit zunehmenden Krisen und einer allgemein schlechteren wirtschaftlichen und Lebenslage vieler Menschen.

Auf Fragen aus dem Plenum erklärte sie, dass sich die CSU im Wahlkampf offensiv gegen die Grünen gestellt habe, um den Wahlkampf erleichteren. Ohne diese klare Positionierung wären möglicherweise mehr Wählerinnen und Wähler zur AfD und den Freien Wählern gewechselt. Die Freien Wähler seien für die CSU eine ernstzunehmende Konkurrenz, da ihre Themen nahezu identisch seien.

Als Reaktion auf die Kritik, die immer wieder vor den Wahlen aufkam, die CSU sei nicht mehr konservativ genug, werde vermutlich mit einer stärkeren Besetzung des Themas Migration reagiert, um der AfD nicht das Feld zu überlassen. Dennoch solle die CSU nicht weiter nach rechts rücken. Ein Problem sei die Erwartungshaltung, dass alles so weitergehe wie bisher. Es sei wichtig, sich um die tatsächlichen Probleme der Menschen zu kümmern, um rechtsextreme Tendenzen im Parlament zu bekämpfen.

Neuer Vorstand des Forum Bildungspolitik: (v.l.n.r. Vorsitzende Simone Fleischmann, stellvertretende Vorsitzende Lara Cyrani und stellvertretender Vorsitzender Bert Schmid.

Das Forum Bildungspolitik wählte im Dezemebr 2022 seinen neuen Vorstand. Wiedergewäht wurden die Vorsitzende Simone Fleischmann (BLLV) und der stellvertretende Vorsitzende Bert Schmid (Aktion Humane Schule e.V.). Neues Mitglied des Vorstandes ist Lara Cyrani (Stadt Schüler*innen Vertretung München) ebenfalls als stellvertretende Vorsitzende. Sie löst Guiliana Stoll von der SSV München ab. Das Forum und der Vorstand bedanken sich bei Guiliana Stoll für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit der letzten Jahre und freut sich diese Arbeit mit Lara Cyrani weiterzuführen.

Am 10. Oktober 2022 lud das Forum Bildungspolitik in Bayern zur Veranstaltung „Ganztag in der Praxis“ an vier Schulen in Bayern ein: Das Sonderpädagogisches Förderzentrum in Bad Tölz, die Wilhelm-Löhe-Gesamtschule in Nürnberg, die Grundschule in Wiesenthau, sowie die Ruth-Drexel-Grundschule in München. Die Expert:innen des Forums führten Gespräche mit den Verantwortlichen und Trägern der Schulen und des Ganztages. Anschließend fanden sich alle Standorte in einer gemeinsamen Online Konferenz zusammen und diskutierten über ihre Erfahrungen.

Jede der Schulen sieht sich mit sehr individuellen Situationen konfrontiert:

Die Ruth-Drexel-Schule in München etwa bietet einen kooperativen Ganztag zusammen mit der Caritas an. Dieser bietet große Flexibilität in der Buchung für die Eltern und einen stark partizipativen Ansatz für die Schülerinnen und Schüler. Außerdem zeichnet er sich durch die starke Vernetzung des Ganztages im Quartier aus. Verantwortlich für eine erfolgreiche Vernetzung etwa mit lokalen Einrichtungen wie Musikschulen und Sportvereinen sind die sogenannte Sozialraumentwicklerinnen und –Entwickler.

Das Sonderpädagogisches Förderzentrum Bad Tölz, die Marie Luise Schultze Jahn Schule, setzt auf einen Mix aus gebundenen und offenen Ganztag. Der gebundene Ganztag biete viele Vorteile, es fehle im System manchmal aber an Flexibilität, warum auch den offenen anbiete. Dieser müsse aber finanziell besser ausgestattet werden. Durch die Kombination beider Angebote könne man als Schule aber das passende für die Kinder und Eltern bieten.

Gemeinsame Probleme aller Schulen

Trotz ihrer individuellen Situation und Aufgaben, stehen Ganztagsschulen auch vor überspannenden Problemen. Die gemeinsame zentrale Herausforderung für alle: Der Personalmangel. Der allgemeine Fachkräftemangel führt auch im Ganztag zu Engpässen und großer Belastung. Ein direkte Konsequenz des Mangels ist die fehlende Zeit für den Austausch zwischen dem Lehr- und Betreuungspersonal. Beide Gruppen müssen durch den Personalmangel immer mehr Aufgaben übernehmen. So bleibt etwa wenig Raum sich über Bedürfnisse der Kinder und über Lerninhalte abzustimmen, dabei ist diese Steuerungsarbeit für den Ganztag äußerst wichtig, so die Einschätzung der Schulen.

Auch für die Qualifizierung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern sehen die Schulen große Bedarfe, die Zeit und die Mittel dafür fehlten aber. Die ohnehin bestehende Personalknappheit werde durch die Corona-Pandemie weiter verschärft.

Ein weiteres Problem, mit welchem sich die Schulen konfrontiert sehen, ist der Konflikt zwischen Flexibilität und Planbarkeit. Flexibilität gewinnt zunehmend an Bedeutung: Die Nutzung der Räume über den Tag, die Buchung der Betreuungsstunden für die Eltern und der Einsatz der Mittel. Dieser Anspruch an Flexibilität erschwere Schulen und Trägern aber die Planbarkeit.

Die Verfügung über die finanziellen Mittel sehen die Schulen ebenfalls problematisch. In manchen Angebotsformen – etwa dem offenen Ganztag – sind diese schlicht zu knapp bemessen. Für den gebundenen Ganztag seien die Mittel zwar ausreichend, berichteten die Schulen, es fehle aber an Flexibilität, wie man diese verwenden könne. Etwa die Obergrenze für die Ausgaben pro Stunde an externe Partner sei deutlich zu niedrig angesetzt, um qualitätsvolle Angebote zu buchen. Insbesondere bei den Lebenserhaltungskosten in vielen Regionen Bayern.

Eine weitere Herausforderung vor der die Schulen stehen, ist es dem Anspruch auf Förderung im Ganztag gerecht zu werden. Aus Sicht des Forum Bildungspolitik ist der Anspruch auf Bildung – nicht nur Betreuung – im Ganztag zentral. Wichtige Fragestellungen bei der Einführung des Rechtsanspruchs seien dabei: Mehr Raum für Kooperationen vor Ort, mehr Zeit für Schulentwicklung und mehr Eigenständigkeit für die Schulen.

Zusammenhängend mit all diesen Problemen ist zudem der immer größer werdende Verwaltungsaufwand der an den Schulen Einzug hält. Dieser Mehraufwand beansprucht viel Zeit, die an anderer Stelle fehlt. Hier erkannten alle teilnehmenden Schulen einen größeren Unterstützungsbedarf, etwa durch mehr Verwaltungskräfte an den Schulen. Außerdem müsse der Einstellungsvorgang für externes Personal vereinfacht und digitalisiert werden. Dies wäre eine deutliche Entlastung für die Schulleitungen.

Das Forum Bildungspolitik erkennt aus diesen Berichten aus der schulischen Praxis die gemeinsamen Herausforderungen und die spezifischen der verschiedenen Ganztagsangebote. Diese Sorgen und Wünsche der Schulen werden die Mitgliedsorganisationen und das Forum selbst auf den verschiedenen politischen Ebenen einbringen. Denn bei der Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsförderung sind Kommunen, Landespolitik und Bundespolitik gefordert für die Schulen schnell Klarheit zu schaffen.

Wie weiter bei der Inklusion?

In einer durch die Regierungsfraktionen abgelehnten Petition hatten die 44 Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik in Bayern einen Stufenplan zur Weiterentwicklung der Inklusion in Bayern gefordert. Im Gespräch mit Norbert Dünkel (CSU) versuchten die Vorsitzende des Forum Simone Fleischmann, sowie Jan Derksen (Paritätischer Wohlfahrtsverband) Wege mit den Regierungsfraktionen auszuloten, wie die Inklusion in Bayern, trotz Ablehnung der Petition, weiter verbessert werden kann. Dünkel verwies etwa auf ein Modellprojekt zu einer besseren Verfügbarkeit von Schulassistenzen durch Poollösungen. Hier warte man auf die wissenschaftliche Evaluation, diese könne bayernweit Handlungsimpulse geben.

Derksen und Fleischmann regten auch eine verbesserte Kooperation zwischen Sozial- und Kultusministerium an, Inklusion müsse als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ betrachtet werden, so Fleischmann. Jan Derksen war es wichtig, dass Schulen in privater oder kommunaler Trägerschaft ebenfalls gefördert werden. Von den Stellen, die die Staatsregierung zur Inklusion finanziere, profitierten diese Schulen, die ca. 20% der Schulen in Bayern ausmachten, bisher nicht. Dünkel verwies in diesem Zusammenhang auf die frei verfügbaren Mittel der Kommunen, die Bayern zur Verfügung stelle. Eine Region wie Kempten zeige, dass mit diesen viel im Bereich Inklusion möglich sei. Fleischmann regte an, dass man diese Graswurzel-Impulse kombinieren müsse mit landespolitischen Impulsen: „So geht es bei der Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention weiter.“

Am 26. Juli 2022 reichte das Forum Bildungspolitik in Bayern eine Petition zur Inklusion an bayerischen allgemeinbildenden Schulen im Landtag ein. Hierin bitten die Mitglieder des Forum Bildungspolitik die Abgeordneten des bayerischen Landtags, die Regierung aufzufordern, einen Stufenplan zur Weiterentwicklung der Inklusion aufzustellen. Ende September lehnte der Ausschuss für Bildung und Kultus im bayerischen Landtag die Petition ab.

Konkret ging es in der Petition um folgende Punkte: Den Ausbau personeller und sachlicher Ressourcen, eine gestärkte Aus- und Fortbildung für pädagogisches Personal und eine Verbesserung des Systems der Schulassistenz.

Petition Inklusion wurde am 29. September im Ausschuss für Bildung und Kultus behandelt. Berichterstatter waren Margit Wild (SPD) und Norbert Dünkel (CSU). Wild bedankte sich für die Petition und betonte, dass diese in weiten Teilen den Empfehlungen des wissenschaftlichen Beirates aufgreife. Sie  unterstütze das Anliegen der Petition, die Inklusion an allen Schularten konsequent weiter voranzutreiben. Deshalb plädierte Wild dafür die Petition als Material anzunehmen. In ähnlicher Richtung argumentierte Matthias Fischbach von der FDP und unterstrich zudem, dass es wichtig sei, einen Stufenplan, wie die Petition ihn fordert, einzuführen. Dies erhöhe die Planbarkeit für die Schulen und erlaube die Inklusion bei der Haushaltsplanung besser zu berücksichtigen.
Dünkel entgegnete diesen Stimmen, dass Bayern schon sehr weit auf dem Feld der Inklusion vorangeschritten ist und weiterhin viel dafür tut. Zwar gab er zu, dass immer noch ein weiter Weg zu gehen sei, trotzdem sprach er sich gegen eine Annahme der Petition aus. Dies stützte er insbesondere auf die nach seinen Angaben seit dem Schuljahr 2010/2011 um etwa 10 Prozent gestiegene Inklusionsquote an bayerischen Schulen. Nach Ansicht des Forum Bildungspolitik ist dies kein Ausdruck für eine Inklusion an allen Schularten – Gymnasien und Realschulen sind hier meist außen vor.  
Dünkel unterstrich, dass die CSU den Elternwillen berücksichtige und deshalb eine 100 prozentige Inklusion nicht unterstützen könne.  Die Petition des Forum fordert dies auch nicht, sondern lediglich Schritte, die Eltern und Kindern eine bessere Beschulung an allgemeinbildenden Schulen ermöglicht. Darüber hinaus hob Dünkel hervor, dass die Staatsregierung 1.200 für die Inklusion neu geschaffenen habe. Diese zusätzlichen Stellen kommen nach Ansicht der Mitgliedsorganisationen aber ausschließlich den staatlichen Schulen zu Gute. Schulen in privater und kommunaler Trägerschaft profitierten aber nicht von diesem Ausbau.

Die Fraktionen der Grünen, der SPD und der FDP votierten dafür die Petition der 44 Mitgliedsorganisationen als Material anzunehmen, mit den Stimmen der CSU, der Freien Wähler und der AfD wurde die Petition jedoch abgelehnt.

Entstanden ist die Petition als Ergebnis des Fachgesprächs „Inklusion“, einem überfraktionellem Treffen mit Politikerinnen und Politikern, sowie Expertinnen und Experten zu diesem Thema. Der gemeinsame Konsens der gefunden wurde, war der, zu erkennen, dass es bereits einige positive Beispiele in Bayern gibt, diese Konzepte aber weiter in die Fläche gebracht werden müssen.


Die vollständige Petition finden Sie hier.

Die Stellungnahme der Staatsregierung zur Petition finden Sie hier.

„Überholmanöver“ der Inklusion in Bayern nötig

Mehr Tempo bei der Inklusion – diesem Ziel stimmten alle Teilnehmer*innen des Fachgesprächs „Inklusion“ des Forum Bildungspolitik in Bayern am 8. März 2022 zu. Neben den Landtagsabgeordneten Norbert Dünkel, Matthias Fischbach, Thomas Gehring und Tobias Gotthardt – bis auf Margit Wild alle Teil der Interfraktionelle AG „Inklusion“ – nahmen auch Herr Prof. Dr. Markowetz, Frau Julia Dumsky, Stefan Ruppaner und zahlreiche Mitglieder des Forum Bildungspolitik teil.

Angeregt hatte das Forum Bildungspolitik das Fachgespräch, da das Tempo, mit dem die Zielvorgaben der Behindertenrechtskonvention der UN in Bayern umgesetzt werden, nach Meinung der Mitgliedsorganisationen in den letzten Jahren deutlich ins Stocken geraten ist. Um zu sehen, wie Inklusion an allgemeinbildenden Schulen gelingen kann, leitete Stefan Ruppaner, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Wutöschingen in Baden-Württemberg, das Gespräch mit einem Input darüber ein, wie die Praxis der inklusiven Pädagogik in seiner Schule erfolgreich betrieben wird: Am Ende stünden viele Schüler*innen mit Behinderung mit einem Schulabschluss und auch Schüler*innen ohne Behinderung profitierten von der Inklusion. Schlüssel des Erfolgs laut Ruppaner: „Wir beschäftigen uns gar nicht mit Inklusion.“ Vielmehr sei die Einstellung zu allen jungen Menschen gleich: „Jeder und jede ist speziell, deswegen braucht jeder spezielle Bedingungen. Und dabei lernt jeder gegenseitig voneinander.“ Dieses einfache Leitbild erlaube es alle mitzunehmen.

Über die Differenz zu diesem Best-Practice-Beispiel und der Inklusion an allgemeinbildenden Schulen in Bayern waren sich die Gäste des Fachgesprächs einig. Gehring attestierte etwa, dass der „Kick“ bei der Umsetzung der Inklusion vor 10 Jahren noch größer gewesen sei – man müsse hier wieder mehr Begeisterung wecken. Wild stellte fest: In Bayern sei schon einiges passiert – doch inzwischen erlebe man einen „Roll-Back“ bei der Inklusion, Erfolge die es gegeben habe gingen wieder verloren. Aus diesen Gründen sprach auch Professor Markowetz davon, dass Bayern neue Impulse bei der Inklusion brauche oder „ein Überholmanöver“.

Fischbach sprach etwa über Möglichkeiten einer größeren Individualisierung des Lernens für Schüler*innen. „Jeder in der eigenen Geschwindigkeit“, das führe zu einer höheren Motivation. Die Erfolge einer Schule, wie die der Gemeinschaftsschule Wutöschingen gäben dem Ansatz Recht. Bei einzelnen Beispielen müsse man aber immer darauf achten, wie dies auf ein gesamtes Schulsystem zu übertragen sei – in Bayern gebe es über 6.000 Schulen, merkte Gotthardt kritisch an. Nahm die Diskussion mit dem Forum Bildungspolitik aber als Auftrag, um über die „Fraktionsgrenzen hinweg pragmatische Lösungen“ etwa in der interfraktionellen AG des Landtags zu finden.

Dünkel zog als Fazit, dass es diese erfolgreichen Beispiele im Schulsystem gebe, „es ist also möglich“. Dafür müssten aber auch die Kommunen mehr Bereitschaft zeigen, etwa auch bei der Konzeption der Schulhäuser. Leuchtturmprojekte, wie etwa das von Herrn Ruppaner vorgestellte, hingen meist vom großen Engagement der Akteure vor Ort ab – davon brauche es mehr. Simone Fleischmann, Vorsitzende des Forum Bildungspolitik in Bayern, verstand dies aber auch als politischen Auftrag: „Man kann nicht nur auf das persönliche Engagement von Einzelpersonen bauen, es braucht die politische Grundlage“, manchmal sei auch einfach eine bessere Finanzierung nötig.

Julia Dumsky, die selbst seit früher Kindheit durch eine Viruserkrankung behindert ist durchlief das bayrische Bildungssystem und zeigte anhand ihrer Lebensgeschichte, was durch eine verfehlte Inklusion auch für Potentiale verloren gehen können. Inzwischen promoviere sie, was aber kein Beispiel von gelungener Inklusion sei. Ganz im Gegenteil sei eine enorme Kraftanstrengung durch sie und ihre Familie nötig gewesen, trotz des Systems, so weit zu kommen, und zusätzlich hätte es glückliche Umstände benötigt – dies sei kein tragfähiges Konzept. Auch im Hinblick auf den demografischen Wandel solle man es sich nicht erlauben so viele Potentiale zu verschenken. Jan Derksen, Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtsverbands im Forum Bildungspolitik bekräftigte dieses Argument. Warum gebe man so vielen Menschen keine Chance einen Schulabschluss zu machen? Stattdessen sollte man diesen jungen Menschen die Möglichkeit eröffnen ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.

Nach Ansicht der Mitglieder des Forum Bildungspolitik in Bayern zeigte das Fachgespräch deutlich, dass es die Konzepte für eine bessere Inklusion gibt, alle legten ähnliche pädagogische Ansätze zugrunde, diese gilt es nun auch in der Fläche umzusetzen. Christine Primbs, Inklusion Bayern, forderte klar: Mehr Mut Seitens der Politik bei der Inklusion.  

Stefan Ruppaner sprach in seinem Input von der Haltung, die seine Schule präge: „Wir wollen Heterogenität“.  Diese Haltung im bayerischen Schulsystem vermehrt zu etablieren muss nach Ansicht des Forum Bildungspolitik Aufgabe der Landespolitik sein.

Das Forum Bildungspolitik trauert um Günter Frenzel

Verfechter der kulturellen Bildung

Der seit vielen Jahren im Forum Bildungspolitik in Bayern engagierte Kollege Günter Frenzel ist am 10. Februar 2022 verstorben. Das Forum Bildungspolitik trauert, um einen engagierten Verfechter der kulturellen Bildung, aber vor allem um einen Menschen, der durch seine freundliche, kompetente und positive Art die Zusammenarbeit im Forum Bildungspolitik immer bereichert hat.

Über die Jahre des Engagements hat Günter Frenzel sich kompetent, konstruktiv und zielstrebig dafür eingesetzt, dass Kinder und Jugendliche kulturelle Bildung erfahren können und so eine ganzheitliche Bildung über das reine Erlernen von Wissen hinaus bekommen. Ziel war es dabei immer zu ermöglichen, dass Kinder und Jugendliche aus sich raus gehen können. Eine Bildungskultur geprägt von Angst beim Lernen lehnte Günter Frenzel grundweg ab.

Aufmerksam und mit einem präzisen Sachverstand vertrat er die Landesvereinigung Kulturelle Bildung Bayern im Forum Bildungspolitik und bereicherte die Debatte als vorausdenkender Diskussionspartner. Sein Bildungsverständnis aus der kutlurellen Bildung kommend ergänzte sich hervorragend mit dem Bildungsverständnis des Forum Bildungspolitik. Der gemeinsame Einsatz für eine innovative Bildungspolitik wurde von allen Kolleginnen und Kollegen als sehr bereichernd empfunden. Wir werden Günter Frenzel als Diskussionspartner, als Denker und zu aller erst als Mensch vermissen. Die Mitglieder des Forum Bildungspolitik sind in Gedanken bei den Angehörigen von Günter Frenzel und wünschen ihnen viel Kraft. Der Verlust von Günter Frenzel reißt eine große Lücke.

Forum Bildungspolitik beschließt drei neue Positionen

In der Plenumssitzung am 21. Juni 2021 verabschiedete das Forum Bildungspolitik in Bayern drei Positionspapiere: „Lehren aus der Pandemie“, „Rassismuskritische Bildung“ und „Übertritt – Freier Schritt“ Drei unterschiedliche Themen, die die Vielfalt der Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik abbilden.

Lehren aus der Pandemie – Wende in der Bildungspolitik

Das Positionspapier „Lehren aus der Pandemie – Wende in der Bildungspolitik“ reflektiert Beobachtungen aus der Bildungspolitik seit Ausbruch der Pandemie. Aus diesen Beobachtungen leiten die 43 Mitgliedsorganisationen des Forum klare Forderungen ab, wie sich die bayerische Bildungspolitik verbessern kann und muss. Dabei gilt es das gesamte Bildungssystem in den Blick zu nehmen: Von der frühkindlichen Bildung über die schulische, berufliche und hochschulische Bildung bis hin zur Erwachsenenbildung. Nach Ansicht des Forum Bildungspolitik braucht es in allen Bereichen eine neue Lernkultur. Das Positionspapier beschreibt wichtige Aspekte für ein stabiles, krisensicheres und zukunftsgerichtetes Bildungssystem sowie Schlussfolgerungen, die sich aus dem aktuellen Krisenmodus ergeben. Die detaillierten Beschreibungen und Forderungen können Sie hier nachlesen.

Rassismuskritische Bildung

Im Positionspapier „Rassismuskritische Bildung“ setzen sich die Mitglieder des Forum Bildungspolitik in Bayern klar für eine Bildungspolitik ein, die die Entfaltung aller Potentiale jeder Persönlichkeit zum Ziel hat. Für das Forum gehört Antirassismus untrennbar zu diesem Bildungsverständnis dazu. Das bedeutet: Prävention, Begegnung von Ausgrenzung und das Abbilden der existierenden gesellschaftlichen Vielfalt im Bildungssystem. Um diese Ziele zu erreichen, gilt es Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien, die Hilfestellungen für pädagogisches Personal, die Schulstruktur, Verankerung von Antirassismus in bildungspolitischen Institutionen und die Bedeutung von antirassistischer Arbeit in den Blick zu nehmen und verbessern. Wie eine Verbesserung gelingen kann, können Sie hier nachlesen.

Übertritt – Freier Schritt

„Übertritt – Freier Schritt“ und „Potentialentfaltung – JA!!“, so fasst das Positionspapier unter den gleichlautenden Überschriften die Kernforderung der Mitglieder des Forum Bildungspolitik in Bayern zusammen. Im ersten Teil des Papiers wird die Problematik des Übertritts klar benannt: Etwa die Verschärfung der Bildungsungerechtigkeit, die psychische Belastung von Kindern durch das Übertrittsverfahren oder die negativen Auswirkungen auf die Leistungsbereitschaft von Kindern. Im zweiten Teil des Papiers benennt das Forum, wie es stattdessen gehen kann: Die Freigabe des Elternwillens wäre ein erster Schritt, der den Druck auf alle Beteiligten deutlich reduzieren würde. Bestehende strukturelle Probleme des Übertritts würden aber weiter bestehen bleiben. Deswegen wäre der weitergehende Schritt: längeres gemeinsames Lernen im bayerischen Bildungssystem. Länder mit integrativem Schulsystem machen es nach Ansicht der 43 Bildungsorganisationen des Forum Bildungspolitik vor: Diese belegen etwa beim PISA-Test Spitzenplätze. Das Positionspapier können Sie hier nachlesen